365 Tage im Jahr mussten Haus- und Hoftür pünktlich um 21:00 Uhr abgesperrt und am nächsten Tag um 6:00 Uhr früh wieder geöffnet werden. Auch musste die Kellertür kontrolliert und das Stiegenhaus wöchentlich samstags aufgewaschen werden. Im Winter kam noch die Säuberung des sogenannten “Trottoirs”, des Gehsteigs, von Schnee hinzu. Und das war zu meiner Zeit nicht gerade ein Kinderspiel. Wir Kinder nutzten die Schneeberge auf der Straßenseite der Gehsteige tatsächlich zum Spiel mit dem Winter. Wir stapften und rutschten prinzipiell immer auf den Gipfeln der Berge entlang des Schulwegs oder sonstwohin. Solange bis mit dem Wärmer-Werden die Arbeitslosen-Trupps kamen und die Schneegebirge auf LKW verfrachteten und diese dann einfach so in unseren Hausfluss, der Mur, entsorgten.
Familie Fiedler, unsere Hausbesorger, erledigten ihre Aufgaben ohne Murren. Nie hat es irgendwelche Kalamitäten gegeben. Herr Fiedler ging schon in aller Früh zur Arbeit. Nicht weit von uns. In den Tischler-Werkstätten der ÖBB im Grazer Ostbahnhof. Dort befand sich übrigens auch die Anlaufstation für alle Zirkusse. Im Keller der Steyrergasse hatte sich Herr Fiedler eine kleine “private” Tischlerwerkstatt eingerichtet, von der immer wieder höchst anregend der Geruch frischen Holzes wehte. Damals wurde gerade die Amerikanisierung der Küchen in Angriff genommen. Herr Fiedler hatte rein privat alle Hände voll zu tun. Eine Zeitlang schien er überhaupt nur Kellermensch zu sein und der Holzwind wehte ununterbrochen von der Hobelbank her. Familie Fiedler durfte auch den Mini-Garten bewirtschaften, der von einem grünen Maschendrahtzaun vom restlichen Hof-Bereich, unserem Spielplatz, getrennt war. Da standen zwei Zwetschgenbäume und ein Apfelbaum. Das wars. Die Zwetschgenbäume standen unserem Küchenfenster gegenüber und waren nicht nur voller Zwetschgen sondern vor allem voller Hausspatzen. Meine Mutter musste diese Radaumacher immer wieder vertreiben. Mit kochend heißen Kartoffeln, so solche gerade gekocht wurden. Sehr zur Freude diverser Tierleins. Bis auf die Winterszeit. Da wurden die Fensterbalken gegen Fensterglas ausgetauscht und bildeten dichte Kastenfenster.

Der Sohn der Familie war der Mobilität und damit auch den Maschinen verfallen. Er lernte Mechaniker, erstand eines der ersten Puch-Mopeds und werkte und trainierte, zerlegte, baute zusammen und zerlegte wieder. Ich studierte mit ihm die Funktionsweise des Getriebes und erlernte mit meinem großen Hausmeistersohn den Zweck eines Ölbades, durfte mit ihm das ganze Moped begreifen und erfahren. Solange bis er heiratete und “Muatta unt Fodda” (Mutter und Vater) verließ und sein eigenes Leben führte. Er zeigte mir noch seine “eigene” Wohnung irgendwo in den Hügeln rund um Graz. Eine Ein-Zimmer-Wohnung mit Vorhang-Unterteilung des Schlaf- und Wohnraums und Gang-WC. Für die Verhältnisse damals war das ein schöne Lage. Es war das letzte Mal, dass ich ihn gesehen hatte.